Seb Bronsky
Kritische Theorie des Spektakels
Eine Einführung in die Gesellschaftskritik der Situationistischen Internationale um Guy Debord
»1967 habe ich in einem Buch, ›Die Gesellschaft des Spektakels‹, gezeigt, was das moderne Spektakel bereits im wesentlichen war: die Selbstherrschaft der zu einem Status unverantwortlicher Souveränität gelangten Warenwirtschaft und die Gesamtheit der neuen Regierungstechniken, die mit dieser Herrschaft einhergehen.«
Guy Debord: ›Kommentare zur Gesellschaft des Spektakels‹ (1988)
Der Begriff des Spektakels zielt(e) auf die Totalität der durchkapitalisierten Welt, das hundertjährige Voranschreiten der Entfremdung seit Marx’ ›Kapital‹ sollte auf den kritischen Punkt gebracht werden. Das Kapital beherrscht nicht mehr nur die Produktion, sondern schritt weiter zu Beherrschung auch der Reproduktion, das gesamte gesellschaftliche und individuelle Leben ist seitdem von ihm unterjocht, weiter: durch es geformt. »Die Gesellschaft, die auf der modernen Industrie beruht, ist nicht zufällig oder oberflächlich spektakulär, sie ist zutiefst spektakularistisch.« Dies stellt die Revolutionäre vor eine neue Aufgabe: die Revolution kann seitdem nicht mehr nur auf die Produktionsmittel und deren Besitz abzielen, sondern muß zugleich die Revolution des Alltags seien.
Plan des Vortrags ist, zuerst den Spektakel-Begriff, wie ihn die Situationisten Anfang der 1960er entwickelten und Debord ihn in der ›Gesellschaft des Spektakels‹ ausführte, darzustellen. Dann soll die weitere Entwicklung von Debord – bzw. seine Reflexionen der weiteren Entwicklung der Klassengesellschaft – skizziert und einige Gründe dargelegt werden, warum er so viel länger brauchte, bis er die Welt schließlich »so düster sah, wie der Philosoph Th. W. Adorno schon 50 Jahre zuvor.« Abschließend soll überlegt werden, inwiefern die situationistische Kritik heutigen Versuchen Gesellschaftskritik zu üben nützlich seien könnte.