Steffen Klävers
Postkoloniale Normalisierung: Anmerkungen zur Debatte um eine koloniale Qualität von Nationalsozialismus und Holocaust
Neuere Forschungsansätze aus dem Bereich der vergleichenden Genozidforschung und der postkolonialen Studien postulieren, dass Nationalsozialismus und Holocaust eine koloniale Qualität aufwiesen. Von qualitativen Unterschieden zwischen kolonialer und nationalsozialistischer Herrschaft und Gewalt zu sprechen, wird mit wissenschaftlichem Eurozentrismus assoziiert. Die Vorstellung einer ‚Singularität ’ des Holocausts wird abgelehnt. Die zentralen Annahmen solcher Ansätze werden im Artikel rekonstruiert, untersucht und mit Erkenntnissen der Holocaust- und Antisemitismusforschung kontrastiert. Dabei zeigt sich, dass die Spezifik des modernen NS-Antisemitismus in komparativpostkolonialen Analysen des Holocaust nicht adäquat aufgegriffen wird.
Recent approaches from the perspective of a comparative-genocidal and postcolonial paradigm postulate a colonial tradition of National Socialism and the Holocaust. The idea of qualitative differences between colonial and nationalsocialist rule and violence is associated with scientific eurocentrism. A ‚singularity’ of the Holocaust is consequently rejected. This article will reconstruct and analyse key suppositions of these approaches and contrast them with findings of Holocaust- and antisemitism-studies. In doing so, it becomes evident that the specificity of modern NS-antisemitism is not addressed adequately in comparative-postcolonial Holocaust analyses.
zum Text:
erschienen in: Zeitschrift für kritische Sozialtheorie und Philosophie 2018; 5(1)