Christoph Hesse
Walter Benjamin und die Frankfurter Schule
1942 erschien in Los Angeles ein Band mit dem Titel ›Walter Benjamin zum Gedächtnis‹,
herausgegebenen vom Frankfurter Institut für Sozialforschung, das inzwischen nach Amerika
emigriert war. Gedruckt fand sich darin u.a. Benjamins letzte Schrift, seine Thesen Ȇber den Begriff
der Geschichte«. Das Manuskript hatte er Gretel Adorno anvertraut, die es dem Institut übergab. In
den 50er Jahren war es Theodor W. Adorno, der zusammen mit Gershom Scholem Benjamins
Schriften der deutschsprachigen Öffentlichkeit erstmals wieder bekannt machte. Die Wiedereröffnung
der später sogenannten Frankfurter Schule an ihrem Gründungsort 1950 hat Benjamin nicht mehr
erlebt. Daß er Erhebliches zur Entwicklung dieser Schule beigetragen hatte, daran ließen Horkheimer
und Adorno nie einen Zweifel. Ebensowenig ist jedoch zu bezweifeln, daß Benjamin unter den
Institutsmitarbeitern der 30er Jahre ein Außenseiter geblieben war, den es räumlich sowohl wie
gedanklich gleichsam in die Diaspora verschlagen hatte (in der sich, unter freilich günstigeren
Bedingungen, auch das Institut längst befand).
(Vortrag in Tiflis vom 7. Mai 2007)