Tobias Reichardt
Marx über die Gesellschaft der klassischen Antike
Ist die marxsche Theorie auch primär eine Theorie der kapitalistischen Gesellschaft, so kommt sie doch nicht ohne Bezug auf frühere Gesellschaften aus, wie der Kapitalismus selber in einer bestimmten historischen Kontinuität steht, sich aus früheren Gesellschaftsformen entwickelte, Gemeinsamkeiten mit diesen aufweist sowohl wie er sich von ihnen unterscheidet. Daher finden sich im Werke von Marx und Engels denn auch verschiedentlich, teilweise recht bekannte, Passagen über Prinzipien der Geschichte in ihrer Gesamtheit sowie über bestimmte vorkapitalistische Epochen, die den bürgerlichen Verhältnissen vergleichend, zumeist kontrastierend, gegenübergestellt werden. Hier sollen die wichtigsten Äußerungen Marx’ zur Gesellschaft des antiken Griechenland und Rom gesammelt und, soweit möglich, zu einem theoretischen Zusammenhang verknüpft werden. Dies soll nicht in erster Linie der Marx-Philologie dienen, sondern einen Beitrag zur aktuellen kritischen Gesellschaftstheorie darstellen und die Frage beantworten helfen, wie in Anknüpfung an Marx ein Begriff der Antike wie der Geschichte überhaupt gewonnen werden könne. Indirekt dient dies auch der Einsicht in das Wesen der kapitalistischen Gesellschaft, deren geschichtliche Bedeutung nur im Zusammenhang mit vorkapitalistischen Gesellschaften voll erkennbar wird
(erschienen in: Beiträge zur Marx-Engels-Forschung. Neue Folge 2004, S. 194-222) (Copyright by T. Reichardt)