Thomas Land
Vincent August: Technologisches Regieren. Der Aufstieg des Netzwerk-Denkens in der Krise der Moderne
Foucault, Luhmann und die Kybernetik
Augusts Buch liest sich wie eine Ehrenrettung der mittlerweile stark in Misskredit geratenen Postmoderne. August erinnert – durch seine pejorative Interpretation des Regierungsparadigmas der Souveränität, die er weitgehend unkritisch von seinen Protagonisten übernimmt – an die Enge einer technokratisch ‚verwalteten Welt‘ des Fordismus, die die soziale Sicherheit im geplanten Fortschritt durch Konformismus und Paternalismus erkaufte. Als das fordistische Produktionsregime und sein souveränes Regierungsmodell Mitte der 1970er Jahre unvermittelt in die Krise geriet, schien die Zeit für alternative soziale Ordnungsentwürfe – Neoliberalismus und Netzwerkdenken – gekommen. Durchgesetzt hat sich bekanntlich der Neoliberalismus, der auf seinem Durchmarsch sowohl alternative Ordnungen wie auch Kritik als Produktivkräfte und Innovationsquellen integriert hat. Unter die Räder kamen dabei laut August auch die Entwürfe eines technologischen Regierens, das auf individuelle Selbstbestimmung und kollektive Selbstorganisation anstelle von Fremdbestimmung und Herrschaft setzten. Eingebunden in ein postfordistisches Produktionsregime und in neoliberale Staatlichkeit schlug das ursprünglich emanzipatorisch angelegte Projekt des Netzwerkdenkens in sein Gegenteil um: Kooperation, Diversität, Differenz, Flexibilität, Innovation, Kreativität usw. wurden zu den neuen Imperativen einer dynamischen Stabilisierung eines immanent instabilen Systems. Die widerständige Dimension des post- bzw. spätmodernen Denkens durch die Rekonstruktion seines Entstehungskontextes freizulegen ist das Ziel von Augusts Buch. Ob dieser Anspruch eingelöst wird, soll im Rezensionsessay untersucht werden.
zum Text: