Fabian Kettner
Gudrun Schroeter: Worte aus einer zerstörten Welt. Das Ghetto in Wilna/ Rachel Margolis: Als Partisanin in Wilna/Samuel Bak: In Worte gemalt/ u.a.
Wilna galt wegen seiner reichen jüdischen Kultur als das „Jerusalem Litauens“. Im
Zweiten Weltkrieg marschierte am 19. September 1939 die Rote Armee in Wilna
ein und übergab das eroberte Gebiet wenige Wochen später den Litauern. Erste Pogrome
begannen, deren Häufig- und Heftigkeit sich unter der Herrschaft der Deutschen
ab dem 24. Juni 1941 steigerten. Von Juli 1941 an begannen die „Aktionen“
genannten systematischen Ermordungen der Juden im nahe gelegenen Wald Ponary.
Hier wurden die Juden erschossen und in Massengräbern verscharrt. Im September
1941 wurden zwei Ghettos eingerichtet, von denen eines bereits einen Monat
später wieder aufgelöst werden konnte. Anfang Juli 1941 wurde der so genannten
„Judenrat“ eingerichtet, das übliche Instrument der Deutschen für die Ausbeutung
und Vernichtung der Juden. Anfang 1942 wurde die jüdische Wilnaer Widerstandsorganisation
FPO (Fareinikte Partisaner Organisatzije, also Vereinigte Partisanen-
Organisation) gegründet, die zunächst in relativ gutem Kontakt mit dem
Judenrat stand, ab dem Frühjahr 1943 aber zunehmend in Konflikt mit diesem geriet.
Drei Monate nach Himmlers Befehl zur Auflösung der Ghettos im Osten wurde
das Ghetto Wilna aufgelöst, nur 80 Juden wurden zurückbehalten, um die Massengräber
von Ponary wieder zu öffnen und die Leichenreste zu verbrennen. Als
Wilna am 13. Juli 1944 von der Roten Armee befreit wurde, lebten noch circa
2.000 bis 3.000 der ursprünglich 75.000 Juden.
(eine andere Version des Textes erschien in: literaturkritik.de 11/2009)