Christoph Hesse
Dieter Prokop: Das fast unmögliche Kunststück der Kritik
Erkenntnistheoretische Probleme beim kritischen Umgang mit Kulturindustrie
Wenn in den Kulturwissenschaften heute statt von Kulturindustrie vornehmlich von
Populärkultur die Rede ist, wird damit zur Sprache gebracht, was Adorno ausdrücklich
vermeiden wollte, nämlich „daß es sich um etwas wie spontan aus den Massen selbst
aufsteigende Kultur handele, um die gegenwärtige Gestalt von Volkskunst.“ Eine solche
Revision hat ironischerweise Dieter Prokop selbst Anfang der 1970er Jahre in seinem Aufsatz
„Massenkultur und Spontaneität“ vorgeschlagen. Wenngleich es sich bei diesem Entwurf um
einen seinerseits an der kritischen Theorie Adornos orientierten Versuch handelte, die
bisweilen verpönten Konsumenten als praktische Kritiker der Kulturindustrie ins Spiel zu
bringen, hat Prokop der bald darauf einsetzenden Begeisterung für das ‚Populäre’
unwillkürlich Vorschub geleistet. Desto energischer setzt er sich nun dagegen zur Wehr.
(erschienen in: Medienwissenschaft Nr. 3/2008)